Fedorowka, Orenburg, 5. März.
Fast in jeder Nr. der Friedensstimme bitten die Ansiedler im Pawlodarschen um die versprochene Mithilfe der Molotschna und bemühen sich, die Not der Ansiedlung klar zu legen. Wenn wirklich etliche mit 8 Kop. Hingekommen sind, so darf es uns nicht wundern, dass sie so dringend bitten. Ich möchte hier nur kurz mitteilen, wie es die Altkolonie mit ihren Ansiedlern in Orenburg macht. Bevor eine Familie nach Barnaul (Sibirien) zieht, zahlt der hiesige Herr Vorsteher der Altkolonier einer jeden Familie, welche in ihrem Leben noch keine Wirtschaft gehabt hat, auf die Seele, einerlei ob männliche oder weibliche, 40 Rbl aus, vorausgesetzt, es hat die schriftliche Erlaubnis von der Chortizer Wolost Gewiss kann so ein Ansiedler fröhlicheren Herzens sein Heim in Sibirien gründen.
Desgleichen werden die Ansiedler im Orenburgischen reichlich unterstützt mit Saatgetreiden, dass ein jeder sein Ackerland, sind s auch 40 Dess, besäen kann. Im Herbst müssen die Bauern es mit 10% an die Kommission abliefern, welches dann bis zum nächsten Frühling in den Speichern liegen bleibt. Somit bildet sich in mehreren Jahren ein ungeheures Quantum von Saatgetreide. Überhaupt wurden für diese Saatzeit 18 700 Puds Weizen an 14 Dörfer ausgeliefert. Zu diesem kam noch die Mithilfe von 500 Pud Weizen der Bruder Gemeinde in Kamenka. Weiter werden die Ärmern unterstützt vom Armenkomitee mit Mehl, so dass man sie mitunter mit steifer Leine fahren sieht.
Wie überall, so herrschen auch in Orenburg verschiedene epidemische Krankheiten: Scharlach, Typhus, Inflünza und Pocken. An Scharlach sind mehrere Kinder gestorben, sogar erwachsene Menschen blieben nicht davon verschont. In Djejewka (Nr. 5) war eine Zeitlang nicht Unterricht in der Schule, indem der Lehrer Löwen die erwähnte Krankheit hatte, deshalb konnte der Lehrer Inspektor, da er seine jährliche Inspektionsreise machte, nicht die Schule besuchen. Und während der Herr Direktor seine Rundreise durch die Kolonie machte, lag der Lehrer Teichröb in Fedorowka (Nr. 7) an den Pocken, er ist schon gesund, jetzt liegen seine drei Kinder schwer krank an den Pocken. Mehrere haben dieselben gehabt und etliche liegen krank.
Schon im Herbst nahmen die Pocken ihren Anfang in Sabangul, woselbst der Lehrer dieselbe am ersten bekam und zwar auf folgende erklärliche Weise: er hatte sich aus der Stadt Orenburg, wo auch die Pocken herrschen, einen etwas gebrauchten Paletot gekauft und somit die Epidemie heimgebracht. Da die Isolierungsregel nicht beobachtet wurde, so kamen sie auch nach Fedorowka.
Auf seiner Reise besuchte Se. Gr. Der Gouverneur von Orenburg die Schule in Nr. 10. Wie freundlich und liebevoll ist doch so ein Mann, der in der Tat Macht besitzt! Er wunderte sich darüber, dass schon Zentrifugen auf einer Ansiedlung im Gebrauch seien, bestellte sofort 3 Puds Butter zu 50 Kop. Das Pfund, während sie zu der Zeit 30 Kop. Kostete.
Gegenwärtig haben wir schönes Wetter bei 15 Grad Kälte. Der Weizen kostet 1,30 Rbl., der Faden Stroh 10 Rbl., Mist von 35-40 Kop., Butter 25 Kop., gute Kühe von 40-50 Rbl., Pferde 50-80 Rbl.
Daniel H. Hübert.
Dieser Bericht ist aus der Zeitung Friedensstimmer vom Jahr 1908.
Die Zeitung „Friedenstimme“ , ein christliches Volks- u. Familienblatt. Halbstadt, Gouv. Taurien, 1903-1914, 1917-1918, erschien halbmonatlich. Herasgeber: Jakob u. Abraham Kröker. Baptistisch, auch von den Mennoniten viel gelesen.